Iran


 

 

 

 

 

 

 

 

„The keyword is acceptance“ (Tabriz, September 2019)

 

Vor der Blauen Moschee in Tabriz haben Kunststudenten einen VW Bus in ein kleines Café verwandelt. Wir finden an einem der Stehtische Platz und sofort entspinnt sich ein Gespräch mit unserem Tischnachbar. Er stellt sich als Englisch Lektor an der Universität in Teheran vor und erzählt, dass er free lance für Pearson, einen Amerikanischen Verlag, gearbeitet hat. Seit den US Sanktionen darf er das nicht mehr, er würde sofort festgenommen werden. Jetzt versucht er, privat seine internationalen Netzwerke aufrecht zu erhalten, um vom akademischen Diskurs nicht ausgeschlossen zu sein - auch wenn das gefährlich ist. Schließlich erzählt er ruhig, beinahe abgeklärt von seinen Erlebnissen während der „Grünen Revolution“ 2009. Voller Enthusiasmus und Hoffnung ist er damals mit vielen anderen Studierenden auf die Straße gegangen und hat für mehr Freiheit demonstriert. „They beat us blue and green“.Resigniert fügt er hinzu: „Now we have to wear purple T-shirts, if we ever demonstrate again, because they will beat us and then we already wear the colour that will mark our bodies.” Er lächelt kaum als er meint: “The keyword is acceptance – otherwise we will not survive!”. Nach einer Schweigeminute drückt er uns seine Telefonnummer in die Hand und meint, wir sollten uns unbedingt melden, falls wir nach Teheran kommen. Er und seine Familie würden sich sehr freuen.

 

Wir sind sehr nachdenklich geworden. In dieser zufälligen Begegnung hat sich ein Fenster in die iranische Wirklichkeit junger Menschen aufgetan. Welch ein Unterschied, ob man von dramatischen Ereignissen wie der Grünen Revolution liest oder ob man sie von einem Betroffenen erzählt bekommt.

 

Die Haltung „Stehe zu deinen Werten, auch wenn es gefährlich ist, aber erkennen gleichzeitig, wann Akzeptanz unvermeidlich ist“ ist beeindruckend. Unweigerlich kommt mir das alte Sprichwort in den Sinn:

 

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,

den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,

und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

 


 

 

 

 

 

 

 

Mehr als Wäsche waschen (Ende September 2019)

Wäsche waschen kann auf so einer Reise eine Herausforderung sein. In der Provinzhauptstadt Khorramabad hoffen wir endlich eine Laundry zu finden. Wie die Einheimischen suchen wir uns als erstes einmal den größten Park, da man hier meist auch übernachten kann. Unter einem großen Baum am kleinen See können wir bleiben, der diensthabende Polizist beteuert uns, dass er gut aufpassen wird.

 

Ein junger Mann, Hamad, spricht uns auf Englisch an und fragt, ob wir etwas brauchen – also frage ich ihn nach einer Laundry. Er greift zum Handy und nach 5 Minuten lädt er uns zu sich nach Hause ein. Seine Frau würde kochen und natürlich unsere Wäsche waschen. Wir folgen ihm zu seinem Haus, wo uns seine Kinder, seine Frau und sein Freund bereits erwarten. Unsere gesamte Schmutzwäsche wird gewaschen, während wir ausgezeichnetes Zitronenhuhn mit Reis und gegrillten Gemüse genießen. Hamad arbeitet als Pfleger im örtlichen Krankenhaus und erzählt viel von seinem Arbeitsplatz. Seine Tochter liebt Naturwissenschaften, schüchtern erzählt sie von der Schule und ihrer Freude an Mathematik. Ob sie diese Leidenschaft jemals leben darf? Hamads Freund ist Musiker, er erklärt uns alte iranischen Instrumente und spielt für uns.

 

Als es Abend wird und Hamad zu seiner Schicht ins Spital muss, setzt er sich ans Steuer und fährt stolz unseren Cappuccino zurück in den Park – unter den bewundernden Blicken der gesamten Nachbarschaft. Wir sind sehr berührt von so viel Großzügigkeit und genießen die friedliche Abendstimmung am See. Ein zartes Licht liegt über dem Wasser, Radfahrer flitzen vorbei, Männer joggen, Kinder lachen. Frauen dürfen das alles nicht, aber sie sind erfinderisch. Mit offenen langen Mänteln und wehenden Haaren, die unterm Kopftuch hervorschauen, walken sie oder ziehen lachend auf Inline Skatern ihre Runden. Wahrscheinlich haben die alten Mullahs dieses Sportgerät noch nicht im Blick. Der Fantasie Verbote zu umgehen sind offensichtlich kaum Grenzen gesetzt - wie bewundernswert!


 

 

 

 

 

Unterwegs im Zagros Gebirge 1 (September – Oktober 2019)

„A woman driving”

Seit einigen Tagen sind wir im Zagros Gebirge unterwegs. Wir schrauben uns auf schmalen Pisten hinauf bis auf fast 3000m, passieren grüne Täler, die von kahlen, bunten Gebirgshängen gesäumt sind und stoppen an eindrucksvollen Wasserfällen. Die Bakhtiari Nomaden packen gerade ihr Hab und Gut zusammen. Blaue Pickups stehen bereit für die Übersiedlung zu den tiefergelegenen Winterweiden, den ersten Schnee kann man schon fast riechen.

 

In der Ferne sehen wir Staubfahnen, dann hören wir Motorengeräusche von Straßenbaumaschinen. Man hat uns erzählt, dass es im Frühjahr verheerende Regenfälle gegeben hat und viele Pisten und Straßen verschüttet oder unterspült wurden. Jetzt richtet man offensichtlich einen der unzähligen Passübergänge her.

 

Ungläubig schauen uns die Bauarbeiter nach, als wir freundlich winkend vorbeifahren.  Plötzlich bemerkt einer der Arbeiter, dass ich, eine Frau, am Steuer sitze. Er wirft seine Schaufel weg, läuft laut rufend zu seinen Kollegen „A woman driving!!!“ und hält sich dann sein staubiges Tuch vors Gesicht. Wir müssen herzlich lachen – sein Weltbild haben wir wohl ordentlich erschüttert.


 

 

 

 

 

 

Unterwegs im Zagros Gebirge 2 (September – Oktober 2019)

Am Fluss

Auf unserem Weg zum angeblich höchsten Wasserfall des Iran suchen wir uns einen ruhigen Platz am Fluss. Wir möchten endlich wieder einmal in Ruhe das Auto checken, Wäsche waschen, den Blog schreiben und nicht Tee trinken oder gegrilltes Huhn essen. Nach vielen liebvollen, aber doch anstrengenden Einladungen, ist unsere Sehnsucht nach etwas Privatheit sehr groß.  

 

Wir meinen, den idealen Platz gefunden zu haben: direkt am Fluss, etwas versteckt hinter einem Felsen, hüft-tiefes Wasser, von der Piste nicht sofort einzusehen. Aber wir irren uns. Kurz nachdem wir uns eingerichtet haben, sehen wir einen jungen Mann mit seinem Kind am anderen Ufer. Er krempelt seine Hosenbeine hoch, setzt sich das Kind auf die Schultern und watet zu uns herüber. Uns ist sofort klar, was er möchte – uns zu sich einladen. Was also tun? Ich mache einmal Tee, suche Süßigkeiten für den Buben, der ganz zufrieden mit Steinen zu spielen beginnt. Um unsere Sprachprobleme zu beheben, gebe ich unserem Besucher das Picture Dictionary. Fast eine Stunde lang blättert er fasziniert im Buch, dann fragt er mich nach einem Blatt Papier und einen Stift. Mühevoll sucht er Worte zusammen um „komme heim, sicher, essen“ aufzuschreiben und mit Piktogrammen zu illustrieren. Wir sind sehr gerührt und haben fast ein schlechtes Gewissen, als wir ihm erklären, dass wir trotzdem nicht in sein Haus mitkommen möchten. Zu groß ist unsere Sehnsucht nach einem Abend alleine. Es dauert ein wenig, bis er es versteht und ist sichtlich enttäuscht. Wortlos setzt er sich sein Kind auf die Schultern, krempelt die Hosenbeine hoch und watet zurück.

 

Zumindest der Bub ist zufrieden, er hält die Luftballons und Süßigkeiten fest in seiner kleinen Hand und lächelt glücklich.


 

 

 

 

 

 

Im privaten Paradies (Oktober 2019)

Auf unserem Weg Richtung Isfahan nehmen wir Kontakt mit Rasool auf. Er hat uns in Khorramabad, wo wir Mitte September im Park übernachteten, seine Adresse gegeben, zum Frühstück eingeladen und seine Lieblingsmusik vorgespielt. Jetzt lösen wir unser Versprechen ein und melden uns bei ihm.

 

Wir sollen nach Najaf Abad fahren, wo er und seine Familie wohnen. Der Treffpunkt liegt an einer sehr befahrenen Straße. Wir bahnen uns hupend den Weg durch das verrückte iranische Verkehrschaos. Leere Werkstätten, rostige Tore, kaputte Autos, freundlich lachende Menschen – wir sind ein wenig verwirrt, hatte Rassool doch von einer Einladung in den Familiengarten gesprochen. Bei einer schmutzigen Gasfüllstation werden wir von ihm und seinem Bruder freudig empfangen. Wir folgen ihm durch das Gewühl, fahren langen Lehmmauern entlang und halten bei einem unscheinbaren Tor. Dahinter liegt ein wahres Gartenparadies: üppiges Grün, blühende Pflanzen, Gemüse, Gewürze, kleine Wasserläufe, Lampions, eine gemütliche Sitzecke, ein großer Esstisch – wir sind überwältigt. Nach dem Begrüßungstee kommt seine gesamte Familie, voll bepackt mit Essen, Geschirr und einer großen Musikanlage. Alle Köstlichkeiten, vor allem die traditionelle Ash, eine dicke Gemüsesuppe für die es in jeder Familie ein Geheimrezept gibt, werden aufgetischt.

 

Das gute Essen und die liebvolle Atmosphäre nehmen uns ganz gefangen. Fröhlich baut Rasool die Musikanlage auf, wir hören iranische Musik und es wird getanzt. Natürlich sollen wir auch zeigen, wie man in Österreich tanzt und als Martin und ich einen Walzer versuchen ist das Gelächter groß. Rasools Bruder probiert „unsere“ Tanzhaltung sofort mit seiner Verlobten aus, die sich ganz schüchtern und etwas verlegen lächelnd von ihm führen lässt. Als zum Abschied Rasools Vater für uns ein altes iranisches Liebeslied anstimmt, sind wir alle sehr gerührt.

 

Den Alltag nicht zu ernst nehmen, den Augenblick genießen, alles Unbill für einen Abend vergessen, optimistische bleiben und unvoreingenommen mit offenem Herzen auf Fremde zugehen - das haben wir im Iran wirklich erfahren. Was für ein Geschenk!

 

„You’ve got a family in Iran now“ – mit diesen Worten verabschieden wir uns nach einigen Tagen, nachdem er uns „sein“ Isfahan gezeigt hat. Bis heute sind wir mit Rasool in Kontakt und wissen, dass wir irgendwie zu seiner Familie gehören.


 

 

 

 

 

 

 

Zuflucht (November 2019)

Zwei Monate lang genießen wir schon den Iran und sind tief eingetaucht in die unglaubliche Gastfreundschaft. Diese ist wunderbar, aber manchmal auch sehr anstrengend.

 

Von anderen Reisenden haben wir erfahren, dass es in Kerman ein Hotel gibt, das etwas Privatsphäre verspricht. Die Manager öffnen die Tore zum großen Hinterhof, wo Overlander parken und übernachten können. Die Dusche in einem nicht gebuchten Zimmer kann benutzt werden und das Restaurant freut sich auf Besuch. Das klingt fast wie ein Märchen.

 

Wir bahnen uns einen Weg durch das Verkehrsgewühl von Kerman. Als ich die Lobby des Akhavan Hotels betrete, weiß der Manager sofort, dass wir den Schlüssel für das Tor zum Hof brauchen. Mit freundlichem Lachen und einem herzlichen „Welcome“ geht er mit mir zum Hintereingang und öffnet das Tor. Tee, Kekse, der Schlüssel für die Dusche und ein liebevoll zubereitetes Lunch – wie sind im Paradies. Hier können wir ankommen, beim Putzen und Autocheck ungestört unsere Sachen hinausräumen und einfach liegen lassen, ohne Kopftuch Tee oder Cafe in der Sonne genießen, Wäsche waschen oder nur chillen. Das tut uns einfach gut. „My brother, my sister“ – so begrüßt uns der Chef der Küche jeden Tag und bereitet jede Mahlzeit für uns wie ein Galadinner vor. In unzähligen Gesprächen mit den beiden Managern bekommen wir viele Hintergrundinformationen über das Alltagsleben, über Politik und Herausforderungen, mit denen die Bevölkerung konfrontiert ist.    

 

Ganz besonders wichtig ist dieser Zufluchtsort, als sich wegen der abrupten Benzin- und Dieselpreiserhöhungen der Zorn der Iraner/innen entlädt. Wir kommen gerade aus der Wüste Lut und erfahren in Bam, dass das Internet abgeschaltet ist. Meldungen von Toten und Verletzten kursieren. „Come home“ sagt man mir, als ich im Hotel anrufe und frage, ob für uns noch Platz ist. Vier Tage lang passt jede und jeder im Hotel auf uns besonders gut auf, versorgt uns nicht nur kulinarisch, sondern auch mit Informationen. So können wir das, was gerade auf den Straßen geschieht, ein bisschen einordnen und uns dementsprechend verhalten.

 

Immer noch empfinden wir große Dankbarkeit gegenüber dem Staff des Akhavan Hotels. Sie haben uns Sicherheit und Privatsphäre geboten – etwas ganz Besonderes auf dieser Reise.


 

 

 

 

 

 

Himmel über der Wüste (November 2019)

Mehrdad, von allen „Wüstenfuchs“ genannt, ist unser Guide durch eine der faszinierendsten Wüsten der Erde – der Dasht – eh Lut. Er führt uns über farbenprächtige Bergrücken, in weite, sandige Ebenen, an tiefe Canyons mit versteckten Wasserquellen. Wir surfen über die Randzone der Mega Dunes, bis zu 500m hohe Sanddünen mit dazwischen liegenden Tälern und Dünenverschneidungen. Staunend stehen wir am „Eye of the Lut“, eine tiefe Senke gefüllt mit Lehm und Steinen, bewacht vom Mount Malik, dem höchsten Berg in dieser Sandlandschaft. In den Kaluts, in Nord – Süd – Richtung verlaufende Sandsteingebilde, fühlen wir uns wie in einer riesigen Outdoor Galerie. Wir übernachten bei kleinen, erhöht liegenden Palmengruppen an einem tiefen Wasserloch, mitten in den Mega Dunes im Meteorit Valley und zwischen bizarren Felsformationen.

 

Am Lagerfeuer, beschützt von einem unglaublichen Sternenhimmel, erzählt uns Mehrdad von seinem Leben. Der Wüstenbegeisterte mit unglaublichem Know How und Insiderwissen verbrachte gerade 7 Monate im Gefängnis wegen Spionage Verdachts. Er kennt jede Schmugglerroute, war mit dem Auto, aber auch zu Fuß in fast jedem Tal und hinter jeder Düne dieser Wüste und machte sich so verdächtig. Fasziniert horchen wir ihm am Lagerfeuer zu, wie er versucht uns zu erklären, warum er nie an seiner Freilassung zweifelte, warum er, obwohl kein Mullah Fan, trotzdem glaubt, dass das Regime für die Stabilität der Region bedeutsam ist, und wie er versucht, seinen Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit trotz aller Einschränkungen zu leben. Sein Lebenswille, sein Mut und seine optimistische Einstellung sind bewundernswert und ansteckend.


 

 

 

 

 

 

 

Erste Reihe fußfrei am Arabischen Golf (Ende November 2019)

Wir haben am Sandstrand des Arabischen Golf mit Blick Richtung Oman einen schönen Platz gefunden. Im späten Abendlicht kommen Kamele zum Wasser, Fischer versorgen uns mit allerlei Meerestieren. Interessiert beobachten wir jeden Tag das gleiche Schauspiel: eine Phalanx von Schnellbooten schießt jeden Morgen Richtung Musandam im Oman, um abends in kleineren Gruppierungen wieder zurück zu kehren. Das sind keine Fischerboote, das ist offensichtlich. Unter den Augen von Polizei, Geheimdienst und Militär wird hier geschmuggelt – und wir sitzen erste Reihe fußfrei und schauen dem Spektakel zu. Das ist natürlich nicht erwünscht. Jeden Nachmittag halten Autos vor unserem Camper. Bewaffnete Männer in Uniformen wollen wissen was wir hier tun, wer wir sind, woher wir kommen. Wir entwickeln schon fast eine Routine: Wie es sich im Iran gehört, wird jeder höflich zum Tee eingeladen, wir bieten Süßigkeiten an und plaudern, zeigen unsere Pässe, erklären unsere Route und versichern, dass wir hier nicht wegfahren möchten, weil es so schön ist. „It’s not safe here“ sagt man uns. „Okay, then take care of us – you are the authority here“ ist  unsere Antwort. Und dann sind die gestrengen Herren meist sehr verwirrt. Sie sind es sichtlich nicht gewohnt, dass man widerspricht, noch dazu eine Frau.

 

Dem lokalen Polizeichef wachsen wir schließlich so ans Herz, dass er wirklich verspricht persönlich auf uns aufzupassen. Mehrmals klopft er leise in der Nacht und fragt ob alles in Ordnung sei. Am letzten Morgen schickt er uns schließlich ein SMS mit der Entschuldigung, dass er sich nicht persönlich von uns verabschieden kann, da er zu einem Verkehrsunfall gerufen wurde. Aber er hat uns schon seinem Kollegen in der Nachbarprovinz angekündigt, auch er wird sich um uns kümmern. „I love you“ so endet seine Nachricht. Kaum zu glauben, aber auch solche Polizisten gibt es im Iran.


 

 

 

 

 

 

Eine mutige Frau (Ende November 2019)

Der Parkplatz beim Tourism Hotel in Minab ist ein sicherer Übernachtungsplatz. Hier können wir in der Lobby das Internet benutzen, das von den Behörden wegen der Unruhen nach den Benzin- und Dieselpreiserhöhungen für fast 3 Wochen abgeschaltet worden war. So sind wir endlich wieder mit der Außenwelt verbunden und können unseren Lieben zu Hause die beruhigende Nachricht schicken, dass es uns gut geht.

 

Das Hotel liegt am Eingang zu einem großen Park. Ich räume gerade im Cappuccino herum, als ich fröhliches Lachen hören. 3 Frauen in meinem Alter steuern – bepackt mit Picknickdecke und Körben – auf einen hübschen Platz im Park zu. Auf mein „Salam“ laden sie mich ein, doch mit ihnen zu kommen und Tee zu trinken. Auf der Decke werden kulinarische Köstlichkeiten ausgebreitet und sofort entspinnt sich ein intensiver Dialog. Die 3 haben gemeinsam noch unter dem Schah Sprachen studiert und sind seither Freundinnen. Während der iranischen Revolution trennten sich ihre Wege, zwei lebten mit ihren Ehemännern einige Jahre in England und Frankreich. Scheidung oder Sorgepflichten für die alten Eltern brachten sie wieder zurück in ihre Heimat. Über die vielen Jahre haben sie immer Kontakt gehalten.

 

Ich lausche lebendigen Geschichten aus ihrer unbeschwerten Studentinnen-Zeit, als für Frauen viele Türen offenstanden und sie Freiheit genießen durften. Die Jahre der Islamischen Revolution hat jede unterschiedlich erlebt, je nachdem ob sie im Iran blieb oder ins Ausland ging. Liebevoll sprechen sie über ihre Kinder, ihre Enkel, über die Pflege eines sehr kranken Ehemanns und über ihre Verantwortung für ihren Familienbesitz. Alle drei sind wütend auf die „bärtigen alten Männer“, die ihnen seit Jahren vorschreiben, wie sie zu leben hätten. Unbändig sehnen sie sich nach dem selbstbestimmten Leben, das sie in ihrer Jugend kennen gelernt haben. Mutig riskieren sie auch anzuecken, indem sie den Schleier abnehmen, laut lachen und singen oder mit Fremden in der Öffentlichkeit sprechen – ist das doch alles für Frauen im Iran verboten. 

 

Ich bin unglaublich berührt von ihrer Lebenslust und ihrer Widerspenstigkeit. Wenn man über Zivilcourage etwas lernen möchte, dann sind solche Iranerinnen die besten Lehrmeisterinnen!